Debt Capital Markets – Reform des EU-Prospektrechts

Trilog-Verfahren

Zum Abschluss des Trilog-Verfahrens haben Kommission, Rat und Parlament am 13. Dezember 2016 einen Kompromiss­vorschlag für die neue Prospekt­verordnung vor­gelegt. Die Verordnung soll gleichzeitig die bisherige Prospekt­richtlinie ersetzen, um das Europäische Kapitalmarkt­recht weiter zu vereinheitlichen.

Der Entwurf enthält gegenüber den Vorentwürfen eine Reihe von Veränderungen. Die für DCM wichtigsten werden nachfolgend im Überblick dargestellt.

100.000 Euro Ausnahme bei öffentlichen Angeboten

Diese ursprünglich zur Streichung vorgesehene Ausnahme bleibt erhalten (Art. 1 (3)(ba)). Es wird also weiterhin möglich sein, Schuldverschreibungen mit einer Stückelung von mindestens EUR 100.000 ohne Prospekt öffentlich anzubieten.

Wahl des Herkunftsstaats bei Stückelung ab 1.000 Euro

Für Anleiheemissionen mit einer Mindest­stückelung von EUR 1.000 wird weiterhin das Wahlrecht des Emittenten, des Anbieters oder des Zulassungs­antragstellers bestehen, den Herkunfts­staat und damit die Billigungs­behörde abweichend vom Sitzstaat festzulegen. Wie bisher kann als Herkunfts­staat ein EWR-Staat gewählt werden, in dem die Wert­papiere zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind oder zugelassen werden sollen (Art. 2 (1) (m)).

Zusammenfassung allgemein

Die Vorgaben für die Zusammenfassung erfahren eine Reihe von Änderungen (Art. 7):

  • Die einzelnen Abschnitte sind künftig mit Überschriften in Frageform zu versehen (z.B. „Wer ist der Emittent der Wertpapiere?“);
  • Die Zusammenfassung soll eine Länge von sieben DIN-A4 Seiten nicht überschreiten
  • Die Zahl der in der Zusammenfassung genannten Risikofaktoren ist auf 15 beschränkt
  • Bei Wertpapieren, für die Investor-Schlüsselinformationen zur Verfügung gestellt werden müssen, wird eine weitgehende Harmonisierung der Zusammenfassung mit diesen Informationen angestrebt.

Keine Zusammenfassung bei reinen Zulassungs­prospekten für qualifizierten Anlegern vorbehaltene Markt­segmente

Auch bei Prospekten für Wertpapiere mit einer Stückelung von weniger als EUR 100.000, die nur der Zulassung zum Handel an einem regulierten Markt dienen, kann künftig auf eine Zusammenfassung verzichtet werden, wenn die Zulassung zum Handel ausschließlich in einem Marktsegment erfolgt, das für Kleinanleger nicht zugänglich ist (Art 7 (1)). Der­artige Marktsegmente gibt es derzeit in Europa, wenn überhaupt, nur vereinzelt. Es bleibt abzuwarten, ob die Möglichkeit, von einer Zusammenfassung abzusehen, ausreichende Anreize setzt, um solche Marktsegmente in Europa flächendeckend einzuführen.

Risikofaktoren

Die in früheren Entwürfen vorgesehene Kategorisierung von Risikofaktoren nach Risikointensität wurde aufgegeben. Allerdings sollen bei der Reihenfolge der Risiko­faktoren im Prospekt kritischere Risiken an den Anfang gestellt werden. Emittenten ist es darüber hinaus freigestellt, die Risikointensität einzelner Risikofaktoren mit “niedrig”, “mittel” oder “hoch” zu bezeichnen (Art. 16(1)). Das Thema einer Kategorisierung ist damit aber noch nicht völlig vom Tisch. Die Kommission wird ermächtigt, im Rahmen einer delegierten Verordnung Kriterien für die Beurteilung der Wesentlichkeit von Risikofaktoren und ihre Präsentation im Prospekt festzulegen (Art. 16(3)).

Einheitliches Registrierungs­dokument

An der Einführung eines einheitlichen Registrierungs­dokuments mit einigen Erleich­te­rungen im Billigungs­verfahren wird festgehalten. Das einheitliche Registrierungs­­dokument dürfte aber im Bereich DCM keine Bedeutung erlangen, weil es nach den Anforderungen für Dividenden­werte zu erstellen ist und deshalb vor allem Angaben zur Geschäfts- und Finanzlage (Operating Financial Review) enthalten muss (Rec. 32). Der Aufwand für die Erstellung und laufende Aktualisierung dieser Informationen dürfte die Vorteile des einheitlichen Registrierungs­dokuments im Billigungs­verfahren überwiegen.

Inkrafttreten

Die Verordnung tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. Für das Wirksam­­werden sieht der Entwurf vorläufig eine Anlauffrist von 24 Monaten vor. Derzeit ist deshalb damit zu rechnen, dass das neue Recht erst auf Billigungs­verfahren ab etwa Jahresmitte 2019 Anwendung finden wird.