TMT Newsletter | Juli 2025

Ausblick

Am 31.07.25 entscheidet der BGH über das Vorliegen einer Umarbeitung von Computerprogrammen i.S.d § 69c Nr. 2 UrhG durch den Einsatz von Werbeblockern (I ZR 131/23) und durch den Einsatz von "Cheat-Software" –  Letzteres nach EuGH-Vorabentscheidung (C-159/23: bejaht grds. urheberrechtliche Zulässigkeit von Cheat-Software) (I ZR 157/21). Am 02.08.25 treten die Vorschriften der KI-VO über KI-Modelle mit allgemeinem Verwendungszweck (General-Purpose AI) in Kraft (Art. 51-55 VO (EG) 2024/1689). Am 05.08.2025 entscheidet das Landgericht München I, ob das Mio Mio Cola+Orange-Flaschendesign wegen der Ähnlichkeit zu dem Spezi-Flaschendesign eine eingetragene Farbmarke (§ 3 Abs. 1 MarkenG) verletzt (Az. 33 O 14496/24). Beim EuGH finden vom 16.07. bis 31.08.25 grundsätzlich keine Sitzungen statt (Gerichtsferien).

EuGH – Pflicht zum Schutz der Menschenwürde gilt auch für reine Online-Angebote

Mediendiensteanbieter i.S.d. AVMD-RL sind auch Verleger von Online-Zeitungen, sofern von ihnen bereitgestellte Videos gegenüber den Presseartikeln eigenständig sind. Eine nationale Vorschrift, die solche reinen Online-Dienste von der Achtung der Menschenwürde ausnimmt, verstößt gegen Art. 6 AVMD-RL. Eine solche nationale Vorschrift kann, jedenfalls insoweit sie Sanktionscharakter hat, auch nicht unionrechtskonform erweitert ausgelegt werden. Dem steht Art. 49 der Charta entgegen. (C-555/23 und C-556/23).

EuGH – angemessene Vergütung für Tonträgerhersteller auch ohne Mindestvergütung

Unter Art. 8 Abs. 2 RL 2006/115 und  Art. 16 Abs. 2 UAbs. 2 RL 2014/26 ist entscheidend, ob die Vergütung angesichts des "wirtschaftlichen Wertes der Nutzung" angemessen ist und einen Ausgleich zwischen dem Vergütungsinteresse der Tonträgerhersteller und dem Interesse Dritter, diese Tonträger senden zu können, schafft (C-37/24).

EuGH-GA – Mitgliedstaaten haben weiten Gestaltungsspielraum bei Umsetzung des Presseleistungsschutzrechts

Nach GA Szpunar haben Mitgliedstaaten einen weitergehenden Umsetzungsspielraum für die urhebervertragsrechtliche Umsetzung des Presseleistungsschutzrechts aus Art. 15 RL 2019/790. Dies kann eines Anspruchs auf angemessene Vergütung, Verhandlungspflichten und behördliche Kontrollbefugnisse einschließen, soweit dadurch das Recht der Presseverlage, Lizenzen nicht oder nicht gegen Entgelt zu erteilen, und das Recht der Diensteanbieter, nur zu zahlen, wenn sie tatsächlich Rechte nutzen, nicht beeinträchtigt wird. Befremdlich ist allerdings die Begründung, wonach die den Presseverlegern eingeräumten Rechte "nicht den allgemeinen Charakter von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten" hätten.  Insoweit sind die stark rechtspolitisch motivierten Schlussanträge weder mit Wortlaut noch Entstehungsgeschichte des Presseleistungsschutzrechts vereinbar (Anträge C-797/23).

EuGH-GA – Kritische Ausgabe eines gemeinfrei gewordenen Werkes kann Werkcharakter haben

Eine kritische Ausgabe ist eine mit editionswissenschaftlichen Methoden u.a. aufgrund der Entstehungsgeschichte kommentierte, von Fehlern bereinigte und um zusätzliche Bestandteile erweiterte Ausgabe eines erschienenen Textes. Sie kann nach GA Spielmann ein eigenständiges Werk i.S.d. Art. 2 lit. a RL 2001/29/EG sein, wenn sie freie kreative Entscheidungen des Verfassers enthält und einen hinreichend identifizierbaren Gegenstand hat (Anträge C-649/23).

EUKOM – Datenzugang für Forscher erleichtert

Der delegierte Rechtsakt der KOM regelt die Einzelheiten des Datenzugangs nach Art. 40 DSA: Der Datenaustausch zwischen Forschern und VLOPs/VLOSEs erfolgt über ein Datenzugangsportal (Art. 3). Zugriff erhalten nur qualifizierte Forscher, die im Rahmen eines Überprüfungsprozesses u.a. ihre Forschungseinrichtung und eine detaillierte Beschreibung der angeforderten Daten angeben müssen (Art. 8). Diese können Daten zur Untersuchung systemischer Risiken anfordern, z.B. zu Inhaltsempfehlungen und Engagement-Daten (ErwGr 13) (PM v. 02.07.25).

EUKOM – verstärkter Schutz Minderjähriger auf Online-Plattformen

Die Leitlinien der KOM empfehlen Online-Plattformen Maßnahmen zum Schutz von Minderjährigen , vgl. Art. 28 Abs. 1 DSA. Konten Minderjähriger sollen die höchste private Einstellungsstufe aufweisen, etwa indem Screenshots ihrer Inhalte verhindert und die Sichtbarkeit auf Kontakte beschränkt wird. Zudem wird dargelegt, wann und wie Plattformen eine Altersüberprüfung vornehmen sollten, einschließlich eines App-Prototyps für die Altersverifizierung (PM v. 14.07.25)

BTag / BRat – TKG-Änderungsgesetz: Netzausbau erhält Vorrang bis 2030

Der Gesetzesentwurf soll den Ausbau von TK-Netzen verbessern. Zentrales Element ist das "überragende öffentliche Interesse" am Glasfaser- und Mobilfunknetzausbau. Natur- und Denkmalschutz müssen somit zurückstehen, wodurch das Genehmigungsverfahren beschleunigt wird.  Hintergrund der Regelung ist u.a. der EU-Beschluss „Digital Decade Policy Programme 2030“. Der BRat hat dem Entwurf am 11.07.25 zugestimmt (PM v. 26.06.205; Beschluss BRat v. 11.07.25).

BVerwG – COMPACT-Verbot aufgehoben

Zwar ist das VereinsG auf die Compact GmbH anwendbar, das Vereinsverbot keine unzulässige Vorzensur und das Verfahren nach Art. 18 GG auch nicht vorrangig. Der Bund hat auch die Gesetzgebungskompetenz für einen vereinsrechtlichen Zugriff (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG), da das Gefährdungspotential des Kollektivs und nicht ihr Zweck maßgeblich ist. Das Verbot ist jedoch unverhältnismäßig: Die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtenden Aktivitäten sind für die Vereinigung nicht prägend (PM v. 24.06.25).

OLG Frankfurt am Main – systematische Persönlichkeitsverletzung rechtfertigt Kontolöschung

Eine Interessenabwägung kann ausnahmsweise zu einem Anspruch gegen die Dienstebetreiberin (als mittelbare Störerin) auf vollständige Löschung eines Nutzerkontos in einem sozialen Netzwerk führen. Konkret ging es um einen Account, der laut Gericht ausschließlich zur Verbreitung persönlichkeitsverletzender Äußerungen verwendet wurde. Dies ist gegenüber der Löschung einzelner Äußerungen das effektivere Mittel, um vergleichbare Rechtsverletzungen vorzubeugen. Da Facebook hinreichend konkret auf die Persönlichkeitsverletzungen hingewiesen wurde, haftet sie als mittelbare Störerin (PM v. 27.06.25; nicht rechtskräftig).

OLG Frankfurt am Main – Pflichtangabe von E-Mail oder Handynummer verstößt gegen DSGVO

Um ein "Spar-Bahnticket" zu erwerben, mussten Kunden bis vor kurzem ihre E-Mail-Adresse oder Handynummer angeben. Ein Erwerb am Schalter war nicht möglich. Diese Datenverarbeitung ist rechtswidrig, weil die Einwilligung wegen eines Verstoßes gegen das Kopplungsverbot aus Art. 7 Abs. 4 DSGVO nicht freiwillig gem. Art. 6 Abs. 1 lit. a, Art. 4 Abs. 11 DSGVO erfolgt. Auch sonst liegt kein Erlaubnisgrund des Art. 6 Abs. 1 DSGVO vor (PM v. 11.07.25)

VG Berlin – EuGH-Vorlage zu medienrechtlichen Transparenzpflichten im Hauptsacheverfahren

Das Gericht hat das Verfahren zwischen Spotify und der MABB ausgesetzt und dem EuGH Fragen dazu vorgelegt, ob die Transparenzvorgaben für Medienintermediäre unter dem MStV mit dem Herkunftslandprinzip der der E-Commerce-RL und mit dem DSA vereinbar sind (PM v. 22.07.25).

VG Schleswig-Holstein – Keine Entscheidung oder EuGH-Vorlage zu medienrechtlichen Transparenzpflichten im Eilrechtsschutz

Denn die "komplexe Rechtsfrage, ob §§ 93, 1 Abs. 8 MStV gegen Unionsrecht verstoßen", lasse sich nicht abschließend beantworten. In der Sache hält das VerwG die Erfolgsaussichten der Anfechtung des Bescheids der MA HSH für offen, entscheidet im Eilverfahren indes aufgrund einer Interessenabwägung gegen die Betreiberin eines sozialen Netzwerks, der die MA HSH einen Verstoß gegen die Transparenzpflichten vorwirft (PM v. 02.07.25; nicht rechtskräftig).