Befreiung Schweizer Emittenten mit Herkunftsstaat Deutschland von Veröffentlichungspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz

Die Bundesanstalt für Finanz­dienst­leistungs­aufsicht („BaFin“) hat erst­mals für einen Schweizer Emit­tenten, dessen Aktien an einer deutschen Börse notiert sind und für den die Bundes­republik Deutsch­land („BRD“) Her­kunfts­staat i.S.d. § 2 Abs. 13 Wert­papier­handels­gesetz („WpHG“) ist, eine Freistellung von den Veröffent­lichungs­pflichten nach § 40 WpHG gewährt. Es handelt sich hierbei um den ersten positiv ­beschiedenen Befreiungs­bescheid nach § 46 WpHG überhaupt.

Hintergrund ist die Verpflichtung von Inlands­emittenten, bestimmte Stimm­rechts­meldungen zu veröffentlichen und dem Unter­nehmens­register und der BaFin zu melden. „Inlands­emittenten“ i.S.d. § 2 Abs. 14 WpHG sind Emit­tenten, für die entweder

  • die BRD Herkunfts­staat i.S.d. § 2 Abs. 13 WpHG ist und deren Wert­papiere an einer deutschen Börse notiert sind oder
  • ein anderer Mitglied­staat der EU oder Vertrags­staat des EWR Herkunfts­staat i.S.d. § 2 Abs. 13 WpHG ist, deren Wert­papiere aber nur an einer deutschen Börse notiert sind.

Gemäß § 40 WpHG müssen Inlands­emittenten Mit­teilungen über das Erreichen, Über- oder Unter­schreiten der Melde­schwellen für Aktien (§ 33 WpHG), für In­strumente mit Er­werbs­recht auf Aktien (§ 38 WpHG) und zusammen­gerechnet für Aktien und die vorge­nannten Instrumente (§ 39 WpHG) veröffentlichen. Gemäß § 41 WpHG müssen Inlands­emittenten im Falle einer Zu- oder Abnahme von Stimm­rechten die Gesamt­zahl der Stimm­rechte und das Datum der Wirksamkeit der Änderung der Gesamt­stimm­rechte veröffentlichen. Gemäß § 46 Abs. 1 WpHG kann die BaFin Inlands­emittenten mit Sitz in einem Dritt­staat von den Veröffent­lichungs­pflichten nach §§ 40, 41 WpHG frei­stellen, wenn diese Emit­tenten gleich­wertigen Regeln eines Dritt­staats unterliegen oder sich solchen Regeln unter­werfen.

Die BaFin ist in ihrer Vergleichs­analyse zum Ergebnis gekommen, dass die Schweizer Regeln zu Stimm­rechts­mitteilungen im Finanz­markt­infra­struktur­gesetz und in der Finanz­markt­infra­struktur­verordnung-FINMA denjenigen nach §§ 33 ff. WpHG gleichwertig sind. Nach Auf­fassung der BaFin sei aber keine Vergleich­barkeit hinsichtlich der Veröffent­lich­ung bei Veränderungen der Gesamt­zahl der Stimm­rechte des Emit­tenten nach § 41 WpHG gegeben, da es insoweit an einem hoheitlichen Rechts­akt im Schweizer Recht fehle.

Mit ihrem Freistellungs­bescheid hat die BaFin einen Präzedenz­fall für alle Schweizer Emittenten geschaffen, die „Inlands­emittenten“ i.S.d. § 2 Abs. 14 WpHG sind. Da die BaFin eine abstrakte Vergleichs­prüfung der deutschen und Schweizer Regeln über Stimmrechts­mit­teilungen vorgenommen hat, können sich sämtliche Schweizer Emittenten, die Inlands­emittenten sind, die Möglich­keit der Frei­stellung von den Veröffent­lichungs­pflichten gemäß § 40 WpHG zunutze machen.

Zwar bleiben die freigestellten Emittenten aus Dritt­staaten gleichwohl verpflichtet, die nach ihrem Heimat­recht zu veröffent­lichenden Stimmrechts­meldungen auch im Inland zu veröffentlichen und dem Unter­nehmens­register zu melden. Die Befreiung hat jedoch den erheblichen praktischen Vorteil, dass die Emit­tenten nur diejenigen Veröffent­lichungen im Inland vornehmen müssen, die sich nach ihrem Heimat­recht ergeben. Die Veröffent­lichungs­pflichten nach § 40 WpHG sind auf sie nicht anzuwenden.